Der Chirurg und die Spielfrau by Sabine Weiß
Autor:Sabine Weiß [Weiß, Sabine]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-7325-7821-4
Herausgeber: Bastei Lübbe
veröffentlicht: 2020-01-08T00:00:00+00:00
26
Thonis entfernte vorsichtig das Leinen von der Wunde. Im Fleisch klaffte ein Krater.
»Was habe ich dir gesagt? Bald bist du wieder ganz der Alte!«, lobte Magister Wilhelm.
Drei Tage war die Operation her. Die meiste Zeit hatte Thonis an diesem Krankenbett verbracht, während sein Meister nach den Kontrollen oft unterwegs gewesen war. Sorgfältig versorgten sie die Wunde. »Ich werde gleich nach meinen Schreibern schicken lassen«, kündigte Ser Rambertino an, als er wieder zugedeckt war.
Magister Wilhelm lachte. »Das habe ich befürchtet! Kein Schreiber wird den Fuà in dieses Zimmer setzen, noch nicht! Du wirst ganz in Ruhe das Bett hüten und dich nicht aufregen.«
»Dann ruf wenigstens Elena zu mir«, bat Ser Rambertino ein wenig kleinlaut.
»Dagegen habe ich nichts einzuwenden. Musik am Krankenbett kann durchaus ihren Nutzen haben. Und eine Gesellschaft, die das Gemüt erhebt, ohnehin.«
Nach einem Wink seines Lehrmeisters machte Thonis sich auf den Weg. Elena reagierte auf seine Worte, als hätte sie nur darauf gewartet. Sie eilte zum Krankenbett, ergriff die Hand ihres Herrn und knickste tief. »Ich bin so froh, Euch auf dem Weg der Besserung zu sehen. Wir haben Euch in unsere Gebete eingeschlossen«, sagte sie.
»Und dafür danke ich euch. Es würde mir allerdings noch besser gehen, wenn du â¦Â«
»Sollen wir gehen?«, platzte Magister Wilhelm augenzwinkernd dazwischen. Der Kranke wies die Anspielung entrüstet zurück. Während Thonis die Gerätschaften verstaute, begann Elena für ihren Herrn zu musizieren. Es war ein anderes Lied, als sie damals gespielt hatte, und doch spürte Thonis sogleich, wie tiefe Ruhe und Beschwingtheit ihn erfüllten. Am liebsten hätte er es sich auch bequem gemacht und gelauscht.
»Sie ist wirklich ein Schatz, deine Elena«, sagte der Chirurg, und lieà wohlwollend seinen Blick auf der jungen Frau ruhen. Trotz aller Freundschaftlichkeit reagierte Ser Rambertino auf diese Worte pikiert, ja, geradezu eifersüchtig. Magister Wilhelm schien das nicht zu stören. Gut gelaunt verabschiedete er sich, und sie lieÃen den Stadtherrn und seine Sklavin allein.
Die Commenda di Pré war von Kranken umlagert. Während der Magister für den Gottesdienst in die obere Kirche ging, suchte Thonis die untere auf, um zu beten. Es war ein Ort, der traurige Erinnerungen, aber auch Dankbarkeit in ihm weckte. Im Hospital suchte er danach seinen alten Freund Kunne auf, der alle Hände voll zu tun hatte.
»Die Hitze wirft die Leute reihenweise um. Und jetzt grassieren auch noch Durchfälle«, sagte Kunne, während er Knechte anwies, eine besudelte Schlafmatte hinauszuschaffen. »Glücklicherweise werden wir in Testamenten oft auch mit alten Matten und Bettzeug bedacht, sodass wir Ersatz haben.«
Thonis sah sich um. Er entdeckte verschiedene Augenkranke, die üblichen Sonnenverbrannten, FuÃlahmen. »Gibt es etwas, wobei mein Lehrmeister helfen kann?«
»Jede Menge! Aber ich habe auch an dich gedacht. Gestern ist ein Schiff mit Kämpfern aus Damiette angekommen. Es sind etliche Friesen dabei und andere Männer aus dem Norden, die meisten schwer verwundet.«
Magister Wilhelm sprach gerade mit Bruder Ugo, also ging Thonis zu den Kämpfern. Mit einer vagen Hoffnung, die er einfach nicht aufgeben wollte, suchte er die Gesichter ab, musste jedoch enttäuscht feststellen, dass er niemanden kannte. Er leistete Hilfe, wo er konnte, und lieà sich dabei vom Fortgang des Kreuzzugs erzählen.
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